Warum wir einen Planeten B brauchen

Besiedlung des Mars

Von Klaus Abstein am 07.09.2020 (Lesezeit: ~6 min.)

Der rote Planet mit seiner Nähe zu uns fasziniert schon seit seiner Entdeckung Forscher, Künstler und Autoren auf der gesamten Erde. Doch die Idee der Marsbesiedelung ist erst in den letzten Jahren wieder in den Fokus gerückt, angetrieben durch ehrgeizige Pläne privater Weltraumfirmen (sogenannte New-Space- oder Space-4.0-Firmen[1]), und es kommt eine Art Aufbruchstimmung hoch, die seit der Apollo-Ära nicht mehr spürbar gewesen ist.

Landung der zwei Seitenbooster der Flacon Heavy

Gerade Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX krempelt die Szene ordentlich um, denn Musk verfolgt den Plan der Kolonisation des roten Planten. Dabei hat er erkannt, dass dieses Unterfangen mit heutiger Technologie viel zu teuer sein würde und dass der Schlüssel zur Kostensenkung in der Wiederverwendung von Raketen liegt.[2] Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass SpaceX das Konzept der Einwegrakten aufgegeben hat und stattdessen bei „Falcon 9“ und „Falcon Heavy“ jeweils die Erststufen-Booster landet und wiederverwendet.[3] Die zukünftige Marsrakete „Starship“ geht noch einen Schritt weiter und soll komplett wiederverwendbar sein. Sie besteht aus dem Booster „Superheavy“ und dem Raumschiff „Starship“. Beide Stufen sollen landen können, um innerhalb kürzester Zeit wieder einsatzbereit zu sein.[4]

Doch bei all dem Aufwand der betrieben wird, um überhaupt Menschen zum Mars schicken zu können, stellt sich die Frage, warum wir das überhaupt sollten. Und darauf gibt es mehrere Antworten:

Die erste Antwort darauf ist eine, die auch für alle andere Wissensbereiche gilt, nämlich der menschliche Entdeckungsgeist und das Streben nach wissenschaftlichen Erkenntnissen. Denn der Mars ist ein sehr naher Planet in unserem Sonnensystem, der eine interessante Entwicklung durchgemacht hat.
Soweit man bisher weiß, war der Mars der Erde bis vor 3,5 Milliarden Jahre gar nicht so unähnlich. Es gab dort nämlich flüssiges Wasser, was als Ursprung allen Lebens gilt, und einen hohen Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre. Noch heute sieht man in der Marsoberfläche die Spuren, die Flüsse und Meere hinterlassen haben. Doch da der Mars sein Magnetfeld verlor, wurde die Atmosphäre abgetragen, das Wasser verdunstete und der Mars kühlte auch etwas ab.[5]
Für uns als Menschen ist es daher wichtig nach Anzeichen von Leben auf dem Mars zu suchen (jedoch reden wir hier nicht von Marsmännchen, sondern eher von Spuren von Mikroben) und zu verstehen, was auf dem Mars passiert ist, das zu diesem Klimakollaps geführt hat. Diese Erkenntnisse, könnten uns nämlich auch stark bei terrestrischen Problemen helfen wie dem anthropogenen Klimawandel.

Eine andere Antwort bietet sich aber, wenn wir über den Erhalt der Menschheit insgesamt nachdenken. Denn tatsächlich ist es möglich, dass das Leben auf der Erde durch verschiedenste Szenarien jederzeit und global ausgelöscht werden könnte, ausgelöst durch menschengemachte Probleme (Klimawandel, Nukleare Auslöschung,…) oder kosmische Ereignisse (Asteroiden, Sonne wird zu rotem Riesen, Magnetfeld verschwindet,…). Am wahrscheinlichsten sind aktuell von den Ereignissen die nicht in unserer Hand liegen, verheerende Asteroideneinschläge, die wir aktuell auch nur mit unzureichender Vorlaufzeit prognostizieren können. Schon vor 66 Millionen Jahren schlug vor der mexikanischen Halbinsel Yucatan ein sog. „Global Killer“ ein, der den Chicxulub Krater formte[6] und dafür sorgte, dass ein Massensterben begann, dem 70-75% aller Arten zum Opfer fielen, darunter auch die Dinosaurier.[7]
Dank Jupiter, der mit seiner großen Masse (318 Erdmassen) die meisten interstellaren Objekte ablenkt, kommen viele der Objekte, die von außerhalb unseres Sonnensystems kommen (z.B. aus der Oortschen Wolke), erst gar nicht in die Nähe der Erde. Allerdings lenkt er auch nicht alle ab und es gibt auch viele Asteroiden innerhalb unseres Sonnensystems, die durch Kollisionen mit anderen Objekten ständig ihre Bahn verändern.[8] Diese stellen ein enormes Risiko für die Erde dar, vor allem wenn sie einen Durchmesse größer als einen Kilometer haben (zum Vergleich der Chicxulub-Asteroid hatte vermutlich 170km Durchmesser vor dem Eintritt in die Erdatmosphäre und etwa 6km Durchmesser beim Einschlag).[9] Man geht davon aus, dass im Schnitt alle 300.000 Jahre ein solcher Asteroid (Durchmesser > 1km) auf der Erde einschlägt.[10]
Unter diesen Gesichtspunkten ist es daher unabdingbar, dass die Menschheit sich über mehrere Himmelskörper verteilen muss, um ein langfristiges Überleben zu sichern.

Dies kann aber nur gelingen, wenn man es schafft, dass die Kolonien auf dem Mars autonom sind. Da es auf dem Mars Wasser- und CO2-Vorkommen gibt, ist dies durchaus möglich. Vorerst müsste man in Habitaten leben und wäre auf Wasser- und Sauerstoffaufbereitungsanlagen angewiesen, doch tatsächlich könnte der Mars langfristig wieder in einen erdähnlichen Planeten zurückverwandelt werden.
Die Technologie dazu heißt Terraforming und bedeutet nichts anderes, als dass wir ein künstliches Magnetfeld errichten müssen (z.Bsp. durch einen großen Magneten in Lagrange-1-Punkt des Mars) und danach CO2 in der Atmosphäre freisetzen müssen, damit diese dichter wird und ein Treibhauseffekt eintritt, der die Atmosphäre aufheizt, bis das Wasser an den Polkappen wieder flüssig wird. Dies wird kein Unterfangen sein, dass in wenigen Jahren abgeschlossen sein wird, sondern dies wird mit heutiger Technik Millionen Jahre dauern. Allerdings werden wir garantiert Technologien erfinden, die dies verkürzen werden, denn auch gerade im Rahmen der Forschungen bzgl. terrestrischem, anthropogenem Klimawandel werden die Erkenntnisse sich gegenseitig unterstützen.